Oberländer Rundschau Nr. 37_2020
Oberländer RUNDSCHAU 9./10. September 2020 Seite 24 von Lia Buchner
Die Freiheit der anderen
Vernissage im Kunst-Werk-Raum Mesnerhaus
Seit August findet im Mesnerhaus in Untermieming wieder Kunst statt. Die aktuelle Ausstellung gestaltet der Kemater Künstler Peter Demartin mit einer Retrospektive seines 20-Jährigen Schaffens. Technische und inhaltliche Beweglichkeit zeichnen seinen Weg.
„Das ist mein Bezug zu Oswald Oberhuber: Technisches Experimentieren“, lächelt Peter Demartin bei der Eröffnung seiner Ausstellung im „Kunst-Werk-Raum“ im Mieminger Mesnerhaus. Von Aquarellen und Landschaftsstudien führt sein Weg zu Akten, plakativen Eitempera-Arbeiten geradewegs hin zu seiner intensiven Befassung mit Joseph Beuys. Ihn selbst machte die Gesamtschau auf sein Werk nachdenklich: „Die erinnerte Leichtigkeit der Aquarelle meiner Anfänge finde ich heute nicht mehr.“
SOZIALE SKULPTUR. Im letzten Jahr trieb ihn der Beuys’sche Freiheitsbegriff der Kunst um. Der Corona-Lockdown demonstrierte eindrücklich Fragilität und Grenzen der persönlichen Freiheit. Demartins Antwort darauf ist der Begriff des Perspektivenwechsels, den er in einem überdimensionalen Banner einfordert. „Der Schritt zur ethischen Eigenverantwortung beginnt, wo die Freiheit anderer durch mich beschädigt wird.“ Damit ist Demartin wieder ganz bei Beuys und seiner „sozialen Skulptur“ der Vielen.
Auch in der Installation „Kosmas und Damian“ zitiert er Beuys, der 1974 bei seinem ersten New York Besuch auf einer Postkarte des World Trade Centers (WTC) die Zwillingstürme mit „Cosmos“ und „Damian“ beschriftete. Diese beiden frühchristlichen Ärzte heilten Kranke unentgeltlich. Das WTC – heute selbst Vergangenheit – war dagegen immer ein durch und durch kapitalistisches Symbol. Demartin zeigt in seiner Installation zwei Türme auf beschrifteter Grundplatte, von denen einer mit negativen Pressemeldungen beklebt ist, der andere hingegen mit positiven. „Der positive Turm ist nicht voll geworden“, bemerkt Demartin und bittet sein Publikum um Mithilfe auf der Suche nach guten Nachrichten.
SELBST DENKEN. Peter Demartin verzichtet fas ausnahmslos auf Werktitel und Kommentare. Er fordert damit sein Publikum auf, selbst zu schauen und offen für alle Eindrücke zu bleiben. Gerade bei den Beuys-Interpretationen setzt er allerdings einiges an Werkwissen voraus, das vielleicht nicht jeder Betrachter parat hat. Tipp: Schnell mal googeln.
SELBST SEHEN. Alles in allem ist „Peter Demartin 7.0 – Eine Retrospektive“ eine sehenswerte Ausstellung, vor allem der Joseph Beuys gewidmete Raum ist inspirierend. Die Werkschau ist noch bis 20. September zu sehen, jeweils Samstag und Sonntag von 16 bis 20 Uhr im „Kunst-Werk-Raum“ Mesnerhaus in Untermieming.
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